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05

Feb

Den Bock zum Gärtner gemacht…

Die städtische Erfurter Volkshochschule lädt am 7. Februar 2012 einen Mitarbeiter des skandalträchtigen Inlandsgeheimdienstes zum Vortrag über „Rechtsextremismus in Thüringen“ ein.

Wer wirklich etwas über „Rechtsextremismus in Thüringen“ erfahren will, fragt besser nicht das Thüringer Landesamt für den Verfassungsschutz. Dessen vollständiges Versagen und dessen vollkommene Unfähigkeit erweist sich seit Anfang November 2011 tagtäglich. Damals kam durch einen Zufall zutage, dass drei aus Thüringen stammende Neonazis die wohl größte Verbrechensserie der BRD zu verantworten haben. 13 Jahre gelang es dem Trio, unter den Augen der Sicherheitsbehörden abzutauchen und währenddessen aus dem Untergrund 10 Morde und zahlreiche Banküberfälle zu begehen. Die Mörder selbst als auch ihr Unterstützer-Kreis stand immer wieder unter Beobachtung des Staates, nach ihnen wurde gefahndet. Gefunden werden konnten sie angeblich nicht. Nichts gewusst, nichts gesehen und - ach, an sich auch gar nicht zuständig für Banküberfälle und solche Kinkerlitzchen: der Thüringer Verfassungsschutz. Statt Nazimörder zu suchen wurden Gewerkschafter, Antifas, Linke, Demokraten und Politiker der PDS / DIE LINKE bespitzelt und öffentlich diffamiert. All das – vom Versagen der Ämter bis zum Beleg ihrer demokratie-gefährdenden Spitzel-Arbeit mit bezahlten Nazis – ist heute an vielen Stellen nachzulesen. Die Kritik an der Arbeit des Amtes, aber vor allem auch an der Institution des Verfassungsschutzes an sich, ist am besten bei den beiden Redakteuren der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) Hans Leyendecker und Heribert Prantl nachzulesen. Die „Chronik der verpassten Gelegenheiten“, um die rassistischen Mörder zu stoppen, ist in der SZ vom 4./5. Februar 2012 nachzulesen.

Die Erfurter Volkshochschule ficht das alles nicht an. Nicht das Versagen der Geheimdienste, nicht die Jagd auf Linke und Antifaschisten durch die staatlich bezahlten Spitzel, nicht die unwissenschaftliche Extremismus-Theorie und nicht das System der V-Leute. Es gibt für die Bildungseinrichtung offenbar keinen Grund, eine Veranstaltung mit einem Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes am 7. Februar 2012 abzusagen und stattdessen lieber kompetente Referenten einzuladen. So ist sich die von dem Sozialdemokraten Torsten Haß geführte Einrichtung auch nicht zu schade, nun noch extra mit dem Thema NSU für den Vortrag des Spitzels zu werben. „Ein Experte“ gebe Auskunft über Rechtsextremismus in Thüringen, heißt es auf der Website. Ein Experte im Wegsehen? Ein Experte im Falsch-Einschätzen? Ein Experte für die Suche nach Antifaschisten statt nach Nazi-Mördern? Schon allein aus Respekt vor den 10 Toten wäre es geboten, den Geheimdienstlern kein Podium zu bieten.

Bitten, die Veranstaltung abzusagen, nimmt die Erfurter Volkshochschule sicherlich gerne unter der Mailadresse volkshochschule@erfurt.de oder direkt im Büro des Leiters entgegen (Tel. 0361 655-2951).