Die Zofen - Theater Incognito
Zwei Frauen, sich an Bösartigkeit konstant überbietend, eröffnen die aktuelle Inszenierung, welche noch heute und morgen Abend im Theatersaal der Universität Bremen läuft. Die Rede ist von “Die Zofen”, einem Stück, welches seinen Ursprung im Frankreich des frühen 20. Jahrhunderts findet. Im Gegensatz zur gerade gelaufenen “Heiligen Johanna”, handelt es sich hierbei um eine vergleichsweise zurückhaltende Inszenierung. Da das gesamte Stück von gerade einmal 3 Schauspielerinnen getragen wird¹ und Ablenkungen in Form von Musik, Lichtwechseln oder verspielter Bühnenbauten auf ein Minimum reduziert worden sind, steht und fällt das Stück mit seinen aktiven Akteuren. Schaffen sie es, den Zuschauer auf adäquate Weise durch das Stück zu führen?
Ich bin heute nicht in langatmiger Stimmung, daher hier schon einmal die Antwort: jep. Ja, sie können.
Während der Premiere am gestrigen Abend saß ich neben dem Regisseur Franz Eggstein, der sichtlich nervös wirkte. Kein Wunder, seine “Zofen” erlauben sich nur ein Minimum an Humor und erzählen ihre Geschichte auf eine Weise, die sich zwischen Psychodrama und Horror orientiert. Eine solche Aufgabe mit Amateuren zu bewältigen ist gewagt. Die stehenden Ovationen des begeisterten Publikums entschädigten den guten Mann hoffentlich für sein anfängliches Unbehagen.
Kommen wir zu den Schauspielern. Nun kannte ich “Die Zofen” vor diesem Abend nicht, doch anhand kleiner Hinweise gehe ich davon aus, dass die Titelrollen Solange und Claire als Zwillinge angelegt sind. Glücklicherweise aber erschließt sich dies aus dem Text allein. Die Schauspielerinnen Laure Achouline (Solange) und Nora Meyer (Claire) vermögen es, ihren Figuren einen jeweils eigenen Stempel aufzudrücken. Ja, es gibt die Momente, in denen sie sich ähneln. Dies ergibt sich schon allein aus den einigermaßen gleichen Zielen der Figuren. Doch man hat in der Tat eher den Eindruck, eigene Figuren kennengelernt zu haben, als eine Zofeneinheit von zwei Personen beobachtet zu haben. Beide der jungen Frauen studieren an der Universität Bremen und betreiben Theater als Amateure. Diesem Ausdruck, Amateur, lachen sie jedoch gekonnt ins Gesicht. Bravo!
Nach dem intriganten und ziemlich ernsten ersten Akt verlangt es den Zuschauer bald nach einer Auflockerung. Diese wird uns in Gestalt der Figur der Madame, dargestellt durch Julia Müller, geboten. Am beeindruckendsten: die Stimme. Wirkt sie im ersten Moment wie eine überspitzte Karikatur der Upper Class, merkt man bald: das passt! Die Schauspielerin erschafft hier eine Rolle, die den Zuschauer unterhält und gleichzeitig einen wirkungsvollen Bösewicht in den Augen ihrer Hausmädchen abzugeben vermag.
“Die Zofen” in der Inszenierung des Theaters Incognito ist nichts anderes als lecker und muss definitv gesehen werden. An diesem Abend und am Sonntagabend hat man noch die Möglichkeit, dieses feine Stück Theater zu erleben. Karten kann man hier reservieren.
¹ Zur Erinnerung: Bei der Johanna waren es mehr als zehn mal so viele.
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