April 23, 2014
Monochrome in Stuttgart: Die Nostalgie der anderen

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Bei Popbands schreiben Veranstalter hinter dem Bandnamen gerne in Klammern, aus welchen Städten der Act kommt. Im Fall von Monochrome führt diese Praxis zu einer Monsterklammer. Die Truppe kommt nämlich aus Stuttgart, Basel, ZürichBerlin. Oder besser: die Bandmitglieder sind in diese Städte gezogen. Ursprünglich kommen Monochrome nämlich aus Sindelfingen.

Heimspiel also, und als die Band am Dienstagabend im fast vollen Schocken ihre aktuelle Clubtour beendet, findet man in den vorderen Reihen sowie auf der Empore etliche Zuschauer, denen die Bandmitglieder zuwinken. Oder ist es umgekehrt? Jedenfalls muss man wissen, dass Monochrome, die früher Dawnbreed hießen, schon ziemlich lange im Geschäft sind. Zwanzig Jahre etwa. „Das war schon stilvolles Hipster-Zeug, als Hipster noch mit Keile zu rechnen hatten“, schreibt Michael Setzer von der Band End of Green. Er muss es wissen, weil: er war dabei.

Wer damals dabei gewesen ist, den erinnert das Monochrome-Konzert sicher an gute, vergangene Zeiten. Hardcore in Sindelfingen, Do it Yourself in Daimlerland.

Wer damals nicht dabei gewesen ist, sieht eine Band im besten Alter und geht nach gut einer Stunde Konzert doch unentschlossen aus dem Schocken.

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Monochrome mit den Ohren desjenigen, der diese Band 2014 zum ersten Mal hört: auf der hübsch gestalteten Platte purer Pop, gefällig und zwischen Reykjavík und Athen für quasi jeden Indie-Club geeignet. Internationale Ausrichtung und so. Auf der Bühne sieht der Monochrome-Novize sieben Leute, die irgendwas zwischen Pop, Rock, Indie und Alternative machen; weil einem alle erzählen, dass die früher Hardcore gemacht haben, hört man in dieser Musik vielleicht noch ein bisschen Hardcore nachhallen.

Stimmt schon: Das Monochrome-Konzert, das ohnehin eher kurz war und mit einem übersichtlichen Zugabenblock endet, ist kurzweilig; Langeweile kommt jedenfalls keine auf. Allerdings bleibt auch kein Song so richtig hängen. Man kann darin weltmännischen Independent sehen oder die verpasste große Melodie, das nicht gespielte Hammer-Gitarrenriff.

Die Band macht soundmäßig zu wenig aus ihrer großen Besetzung mit zwei Frontleuten, zwei Gitarren und Synthesizer. Die Songs haben wenig Dynamik und echte Spannungsbögen fehlen ebenfalls. Stattdessen geht es immer auf die Zwölf – zumindest soweit möglich, die Band kokettiert auf der Bühne und auf Facebook mit ihrem moderat fortgeschrittenen Alter.

Auch die Pausen gehören zum Konzert

Nicht, dass Monochrome sich nicht reinhängen würden. Der Sänger und promovierte Punk-/Hardcore-Experte Marc Calmbach hüpft und schreit und gestikuliert, dass die Schweißperlen nur so herausschießen. Neben ihm übt die zur Band zurückgekehrte Ahlie Schaubel sich in Ausdruckstanz, was aber ziemlich überzogen wirkt – zumal beide zwischen den Songs sofort aufhören zu zucken und gemächlich zur Wasserflasche greifen. Man nimmt den beiden Frontleuten die Energie, die sie beim Singen ihrer Songs vermitteln wollen, einfach nicht ganz ab. Eine Show erstreckt sich über das gesamte Konzert, und damit sind auch die Pausen zwischen den Liedern gemeint.

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Dass die Band Monochrome ein nebenbei betriebenes Hobby ist, zählt nicht als Begründung dafür. Denn die Mitglieder der Gruppe sind allesamt profilierte und fähige Köpfe: Grafiker, Tontechniker, Musiker. Und natürlich haben Monochrome und ihr Album Unità ihren Platz, völlig zu Recht auch neben Kollegen wie Blackmail oder Vierkanttretlager auf dem Label Unter Schafen. Wer aber wie diese Band nur alle fünf Jahre etwas Neues macht, läuft Gefahr, zum reinen Nostalgieding zu werden. Deshalb: lieber klare Kante zeigen!

(stuttgarter-zeitung.de, 23. April 2014)

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