Sultan Murad IV, der Sultan des osmanischen Reiches von 1623-1640, ging öfters anonym im Land umher und mischte sich unter die Leute um ihren Zustand zu sehen. Eines Abends, fühlte er eine gewisse Unruhe bei sich und hegte das Bedürfnis rauszugehen. Er rief seinen Sicherheitschef und so gingen sie zusammen raus.
Sie erreichten eine belebte Gegend und fanden einen Mann, welcher auf dem Boden lag. Der Sultan stupste ihn an, aber er war tot und die Menschen gingen ihrer eigenen Arbeit. Niemanden schien dieser tote Mann zu interessieren. Der Sultan rief den Leuten zu, sie erkannten ihn nicht und fragten was er will?
Er sagte: „Warum liegt dieser Mann tot auf dem Boden und niemand scheint es zu interessieren? Wo ist seine Familie?“
Sie erwiderten: „Er ist So und So, der Säufer und der Ehebrecher!
Der Sultan sagte: “Ist er denn kein Teil der Ummah Mohammed´s (saw)? Helft mir nun ihn zu seinem Haus zu bringen!“
Die Leute trugen diesen toten Mann mit dem Sultan zusammen zu seinem Haus, und als sie es erreichten, gingen alle direkt fort. Nur der Sultan und sein Assistent blieben. Als die Frau dieses Mannes den toten Körper erblickte, fing sie an zu weinen. Sie sagte zu dem toten Körper: „Allah sei barmherzig mit dir! Oh Freund Allah´s! Ich bezeuge, dass du von den frommen Menschen warst!”
Der Sultan war verwirrt. Er sagte: „Wie kann er von den frommen gewesen sein, während die Menschen dies und jenes über ihn sagen. So sehr, dass es sogar niemanden interessierte, dass er tot war?!“
Sie erwiderte: „Das habe ich erwartet. Mein Ehemann ging jeden Abend in die Kneipe und kaufte so viel Wein wie er konnte. Er brachte es nach Hause und schüttete alles in den Abfluss. Er sagte immer daraufhin: “Ich habe die Muslime heute etwas geschützt.” Daraufhin ging er zu einer Prostituierten, gab ihr etwas Geld und sagte zu ihr, dass sie ihre Türen bis zum Morgen schließen solle. Er kam daraufhin wieder nach Hause und sagte: „Heute habe ich eine junge Frau bewahrt und die Jugend der Gläubigen von weiterem Übel.“ Die Menschen sahen ihn, wie er den Wein kaufte und sahen ihn, wie er zu Prostituierten ging und sprachen folglich die ganze Zeit über ihn. Eines Tages sagte ich zu ihm: “Wenn du stirbst, wird keiner da sein der dich wäscht und keiner wird da sein, der über dich betet und es wird niemand da sein, der dich begraben will!
Er lachte und erwiderte: „Mach dir keine Sorgen, der Sultan der Gläubigen und die frommen werden über mich das Gebet verrichten.”
Der Sultan fing daraufhin an zu weinen. Er sagte: “Bei Allah! Er sagte die Wahrheit, denn ich bin Sultan Murad. Morgen werden wir ihn waschen, über ihn beten und ihn beerdigen.“ Und so geschah es, dass der Sultan, die Gelehrten und die frommen Menschen und der Massen über ihn beteten.
Wir urteilen über Menschen mit dem was wir sehen oder hören von anderen. Würden wir nur sehen, was in den Herzen verborgen ist! Ein Geheimnis zwischen ihnen und ihrem Herren.
“O ihr, die ihr glaubt, meidet viel von den Vermutungen. Manche Vermutung ist Sünde. Spioniert nicht und führt nicht üble Nachrede übereinander. Möchte denn einer von euch das Fleisch seines Bruders, wenn er tot ist, essen? Es wäre euch doch zuwider. Fürchtet Allah. Allah wendet sich gnädig zu und ist barmherzig.“ (49:12)
- Shaykh Hasan Ali