ich spüre den warmen atem meines babys an meinem hals, seine kleine hand liegt auf meiner brust und hin und wieder seufzt er leise. schlafend liegt er auf mir, sein köpfchen riecht nach babyduft und muttermilch. worte können unmöglich beschreiben, was ich empfinde. da ist einfach so viel liebe. dankbarkeit. demut.
das jahr 2022 hat mich verändert. ich habe in einer frühsommernacht mein baby zum ersten mal schreien gehört und wusste, das ist die liebe meines lebens. gleichzeitig war diese nacht wohl auch die schlimmste meines lebens.
wenn man mich fragt, was der schönste moment im letzten jahr für mich war, erwarten die fragenden menschen immer eine antwort: natürlich die geburt meines sohnes. aber ich bringe es nicht über meine lippen, weil es nicht stimmt. die geburt war traumatisch. gewaltig - im wahrsten sinne des wortes. doch bis ich benennen konnte, dass ich in jener nacht gewalt erfahren hatte, vergingen wochen, wenn nicht sogar monate.
ich fühle mich einer erfahrung beraubt, die ich so gerne erlebt hätte. eine selbstbestimmte, interventionsarme geburt. ich habe das gegenteil erlebt. ausgeliefert, hilflos, schwach habe ich mich gefühlt. während ich mein baby auf diese welt bringen wollte. es eigentlich gar nicht abwarten konnte, ihn endlich in den armen zu halten. doch in dieser einen nacht verschwamm alles und bis heute schmerzt der gedanke daran sehr.
aber es sind auch so viele wundervolle dinge passiert. so viele innige momente mit meiner neuen kleinen familie. ich habe im kreise meiner liebsten "ja" gesagt. ich habe manche freundschaften loslassen müssen, während sich andere freundschaften gefestigt haben. ich habe meine prioritäten erkannt und kann langsam, aber sicher immer besser meine eigenen grenzen erkennen und dafür einstehen. ich habe endlich die diagnose chronische depressionen erhalten und kann nach all den jahren anfangen, zu verarbeiten, was ich ohne professionelle hilfe nie gesehen hätte. und das erste lachen meines babys.
das entschädigt doch alles, meinen viele. nein, tut es nicht. aber es schenkt mir jedes mal ein kleines bisschen leichtigkeit.