Avatar

Miss Bookiverse

@missbookiverse / missbookiverse.tumblr.com

Lesetagebuch einer bibliophilen Superheldin
Avatar

Tattoosünden und Generationenkonflikte

No Regrets von Dietlind Falk, erstmals 2023 bei hanserblau erschienen

Muddy und Hänk sind zwei alteingesessene Tätowierer mit eigenem Studio namens No Regrets. Leider macht ihre Alteingesessenheit sich auch an ihrer Kundschaft und ihrem Umsatz bemerkbar. Kaum neue Gesichter, wenig Geld in der Kasse und die Ladenmiete muss trotzdem bezahlt werden. Da kommt die junge Tätowiererin mit dem spanischen Namen Luz (oder wie die beiden Männer sie lieber nennen: „Lutz“) eigentlich wie gerufen. Sie bringt innovative Ideen und frischen Wind in den Laden. Doch natürlich treffen alte und neue Traditionen nicht ohne lauten Knall aufeinander und so kommt es zu herrlichen Auseinandersetzungen, die mal skurril-witzig und dann wieder herzerwärmend ehrlich sind. 

Jetzt verdienten sie bei No Regrets einen beachtlichen Teil ihres Geldes damit, alte Tätowierungen zu überstechen, und wenn jemand seinen schielenden Delfin aus El Arenal nicht mehr sehen mochte, war das ja auch in Ordnung, aber nicht alles, was zwanzig, dreißig Jahre alt war, war automatisch schlecht. Oft konnte man sehen, dass sich jemand richtig Mühe gegeben hatte, dass er aus den damaligen Mitteln das Beste herausgeholt hatte, und Hänk kam sich dann häufig vor wie in einem dieser Kriegsfilme, wenn das treue Pferd am Boden lag und weiße Wolken schnaubte und alle Umstehenden wussten, dass der Gnadenschuss auf dem Schlachtfeld zwar gerechtfertigt sein mochte, doch was dieses Pferd wirklich verdiente, war ein Arzt und dann eine kleine Scheune mit Koppel und Apfelbaum, für den geruhsamen Lebensabend.

Hänk ist mit seinem Hang zum „früher war alles besser“-Denken und seinem Schmollreflex im Angesicht von Konflikten eine Steilvorlage für allerhand Witze, ihm werden aber genauso ein vielschichtiger Hintergrund, eigene Gedanken und ins Grübeln bringende Gegenargumente zugestanden. Luz zeigt sich dahingehend erfrischend offen und standhaft gegenüber den meckrigen alten Kerle, die sie von nun an ihre Kollegen nennt.

So dürfen wir alle Charaktere nach und nach näher kennenlernen: Die herzliche Männerfreundschaft zwischen Muddy und Hänk, Luz‘ kaputtes Verhältnis zu ihren Eltern samt ihres kleinen sie verfolgenden Geheimnisses, und Rudi, Anfang 20, der seit 3 Jahren mit größtem Talent im No Regrets arbeitet und seinen konservativen Eltern das und weiteres verheimlicht. Aber auch die schrulligen Figuren, die im Studio auftauchen wie Laber-Jochen oder Betty vom Bordell gegenüber haben mich bestens erheitert.

Dazu kommt das ganze Geplauder über Tattoos. Ich selbst trage keine, bewundere die Kunst aber an anderen. Mehr über die Tattooszene und ihre Veränderungen in den letzten Jahren zu erfahren, war sowohl interessant als auch amüsant, vor allem wenn Hänk sich darüber aufregt, dass jetzt wieder einer “einen tanzenden Toaster mit Zorromaske, aus dem eine saure Gurke mit Degen rausspringt und HA! sagt, aber die Gurke ist verpixelt” tätowiert haben will.

Besonders hervorheben muss ich zuletzt Falks Schreibstil. Sie arbeitet neben der Schriftstellerei als Übersetzerin und ihr Gefühl für Sprache ist in jedem Satz spürbar. Die Witze treffen punktgenau, es werden präzise Worte benutzt, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt (z. B. Duschtasse) und sie kann ganze Geschichten kommunizieren, ohne je explizite Worte für sie zu benutzen, siehe den Nebenplot mit dem alten Heinrich und seinem Tattoo (mein Herz!). 

Gönnt euch dieses Buch. Nehmt euch die Zeit, um diese verschrobenen Außenseiter*innen kennen und lieben zu lernen. Sie haben das Herz am rechten Fleck tätowiert.

Image
Avatar

Anti-rassistisch für den guten Ruf

Such A Fun Age von Kiley Read, erstmals 2019 erschienen, auf Deutsch 2021, übersetzt von Corinna Vierkant, Hörbuch bei Hörbuch Hamburg, gelesen von Britta Steffenhagen

Zwei Frauen, die eine Schwarz und finanziell am Existenzlimit, die andere weiß und wohlhabend, stolpern in eine Verkettung von Vor- und Zufällen gespickt mit Neid und Besessenheit, Fetischisierung und Rassismus, Privilegien und performativem Aktivismus. Und dieses Knäuel in jeder Situation klar zu entwirren, ist gar nicht so einfach.

In wechselnder Perspektive erzählt Such A Fun Age von Emira und Alix. Emira ist Mitte 20 und verdient ihr Geld mit Abtippen und Babysitten, während ihre Freundinnen Beförderungen erhalten, heiraten und in eigene Wohnungen ziehen. Das nagt an Emira, obwohl sie ihren Job als Babysitterin gern macht. Für sie sind ihre Zwanziger das ironische “such a fun age”, in dem sie unter großem Druck versucht, ihren Weg zu finden. Ganz anders sieht es bei Alix, der Mutter von Emiras Babysitterkind, aus, denn diese hadert mit ihren Dreißigern: Ehemann, Haus, zwei Kinder und ein Umzug von New York City nach Philadelphia haben aus der karriereorientierten, zielstrebigen Alix über Nacht eine Art Hausfrau gemacht, der es schwerfällt, das Bild von sich als junge, erfolgreiche Businessfrau loszulassen.

Der Roman beginnt mit einem Hilferuf von Alix an ihre Babysitterin Emira, woraufhin Emira eine Party verlässt, um die kleine Briar im Supermarkt um die Ecke zu hüten. Eine „besorgte“ Kundin (nennen wir sie Karen) macht den Wachschutz darauf aufmerksam, dass dieses weiße Kleinkind unmöglich zu dieser „aufgetakelten Schwarzen“ gehören kann und eine von Rassismus durchzogene Auseinandersetzung beginnt, die ein weißer Kunde filmt.

Es ist spannend, vielleicht sogar beunruhigend, wie Emira auf dieses und die folgenden Ereignisse reagiert. Vieles nimmt sie erst einmal reaktionslos zur Kenntnis. Manchmal habe ich mich selbst dabei ertappt, wie ich sie zu mehr Handlung animieren wollte oder nicht verstanden habe, wieso sie so ungern über Rassismus spricht. Steht mir natürlich null zu, darüber zu urteilen und es ist gut, das zu reflektieren. Sogar als ich mir wünschte, Emira würde mal so richtig explodieren und alle anmotzen, die ihr ständig sagen, wie sie leben und handeln soll, war ich in diesem Wunsch kein Stück besser als die Figuren in Emiras Leben.

In Alix’ Taten und Gedanken habe ich hingegen zu Beginn noch oft den guten Willen gesehen, aber umso mehr Kapitel verstreichen, desto deutlicher tritt ihr Egoismus und der Fakt hervor, dass sie zwar stets vorgibt, alles für Emira zu tun, dabei aber selbst einfach nur in einem guten Licht als anti-rassistische, woke Verbündete dastehen will. Dadurch erscheinen die Aussagen anderer Figuren vertrauensvoller, aber gleichzeitig lässt uns der Roman nie vergessen, dass jede Figur nur eine eingeschränkte Sicht auf die Welt hat.

Nicht unerwähnt will ich Emiras Babysitterkind und Alix’ Tochter Briar lassen. Ich hab es selten erlebt, dass ein kleines Kind mit so viel Persönlichkeit in die Handlung eingebracht wird, denn ständig werden Briars scheinbar wahllose Kommentare zum Geschehen oder über die Welt um sich herum geäußert, die sie viel mehr zu einem eigenen Charakter machen, als es bei Kindern in Büchern für Erwachsene oft geschieht und die außerdem irre witzig sind.

Was Reids Roman zu einem kleinen Meisterwerk macht, ist wie subtil und wertfrei der Text – zumindest zu Beginn und über große Teile – die Situationen zwischen Alix, Emira und einer dritten Person, die ich euch selbst kennen lernen lassen möchte, schildert, so dass Hörer*innen und Leser*innen gezwungen sind, sich ein eigenes Urteil zu bilden und sich dabei immer wieder zu kontrollieren und zu hinterfragen: Auf wessen Seite stehe ich und wieso? Hat die andere Figur nicht auch einen nachvollziehbaren Standpunkt? Spricht da internalisierter Rassismus aus mir? Wie hätte ich in der Situation oder in dem Alter gehandelt? Gegen Ende wird es weniger ambivalent und ziemlich deutlich herausgestellt, wer Emira mit welchen Hintergedanken zur Seite steht. Für meinen Geschmack hätte das offener bleiben können und weniger moralisch sortiert werden müssen, die Leser*innen und Hörer*innen mehr herausfordern und auf eigene Erkenntnispfade schicken. 

Für das deutsche Hörbuch liefert Britta Steffenhagen wie gewohnt eine großartige Lesung ab. Es handelt sich bei ihr um eine weiße Sprecherin und vielleicht passt diese Besetzung sogar irgendwie zur Kritik an Performanz und Privileg, die das Buch offenbart (wenn auch auf keine progressive, sondern lediglich auf eine bestätigende Art des Ist-Zustands).

Image

Reading Buddy Wer nicht aufhören möchte, über strukturellen Rassismus nachzudenken und das ganze in einer spannenden Geschichte verpackt bevorzugt, dem empfehle ich Yellowface. Hier wird ausschließlich die Perspektive der weißen Protagonistin geschildert, aber der Roman tritt ähnliche Überlegungen los wie Such A Fun Age: Welche Gedanken sind nachvollziehbar, aber problematisch? Bei welchen Reaktionen sollte ich mein zustimmendes Nicken noch einmal reflektieren? Wie würde ich in der Realität handeln? R. F. Kuang zeigt ein Extrembeispiel.

Avatar

Um den Black History Month zu würdigen, habe ich versucht, gezielt Bücher von Schwarzen Autor*innen zu lesen und hatte dabei mit Such a Fun Age einen richtigen Glückstreffer.

Ganz toll fand ich außerdem I'm Afraid You've Got Dragons, vom Autor des letzten Einhorns. Richtig schöne Märchenfantasy mit ironischer Note im Stil von Stardust und The Princess Bride.

Mit Wuthering Heights habe ich ein literarisches großes Vorhaben abgehakt und war am Ende gar nicht so begeistert. Nichtsdestotrotz freue ich mich total, die Geschichte nun in ihrer Ursprungsform (statt einer Verfilmung) zu kennen und umso mehr Sekundärliteratur u. ä. ich mir anschaue, desto mehr kann ich aus dem Roman ziehen. Eine super Ergänzung war hierfür Mithu Sanyal über Emily Brontë, hätte ich gern für jeden Klassiker (muss allerdings wirklich nicht von der Autorin selbst gelesen werden...)!

Avatar

Die besten Bücher, die ich 2023 gelesen habe

Ohne große Überraschung macht sich meine Vorliebe für (ausgestorbene) Tiere bemerkbar, sei es auf nördlichen Inseln (Der Letzte seiner Art), weiter südlich auf Rhodos (Meine Familie und andere Tiere) oder in Form von Lyrik (Dodos auf der Flucht).

Wer hat meinen Vater umgebracht steht stellvertretend für alle vier Édouard Luis Bücher, die ich 2023 gelesen und heiß und innig geliebt habe (jetzt fehlt mir nur noch Im Herzen der Gewalt). Not so fun fact: Zu meinen Uni-Zeiten hat Louis sogar mal ein Seminar an meiner Uni gegeben, für das ich mich nicht eingetragen habe, weil ich damals noch gar nicht richtig wusste, wer das ist. Urgh!

Mit I Have Some Questions For You und Notes on an Execution hat sich mir ein Unter-Genre eröffnet, von dem ich vorher nichts wusste… und das ich vielleicht auch selbst erfunden habe. Ich würde es sowas wie „critical true crime mysteries“ nennen, wobei es weniger auf wahren Verbrechen beruht, sondern mehr die reale Faszination an eben diesen kritisiert und dabei unheimlich spannende und gesellschaftskritische Geschichten erzählt.

Auch Yellowface äußert sich gesellschaftskritisch, allerdings über den Literaturbetrieb und zwar so überspitzt, dass ich mich gefühlt habe wie in der unterhaltsamsten Soap des Jahres.

Mit Nettle & Bone habe ich möglicherweise den Grundstein für eine Liebesgeschichte zwischen T. Kingfisher und mir gelegt, denn die Autorin schreibt genau die Art von düsteren Märchen, die ich mir wünsche. Ob ihre zahlreichen anderen Büchern mit diesem hier mithalten können, werde ich 2024 weiter erforschen.

Vollkommen überrascht und tief berührt hat mich Solange wir schwimmen/The Swimmers mit seiner kreativen Erzählstruktur, den Schilderungen verschiedenster Menschen und dem verletzlichen Thema der Demenz.

Auffällig abwesend in meinen Top-Büchern 2023 ist dieses Mal Robin Hobb. Lasst mich erklären: Meinen Reread der Tawny-Man-Reihe habe ich nicht mitgezählt und die Rain Wild Chronciles, die ich letztes Jahr das erste Mal gelesen habe, zählen für mich tatsächlich zu den schwächsten Büchern des Realm-of-the-Elderlings-Universums. Ich habe das neue Jahr aber mit Fool’s Assassin begonnen und bin guter Dinge, dass Robin Hobb im Dezember wieder mit von der Partie sein wird.

Avatar

Im Vergleich zum Vorjahr habe ich…

  • wieder mehr Bücher gelesen und gerereadet
  • deutlich mehr Bücher abgebrochen
  • weniger Bücher in Originalsprache gelesen (ich merke, wie mein Verhältnis zu deutschen Übersetzungen sich verändert, da ich 2023 ein paar hervorragende Übersetzungen gelesen habe)
  • noch mehr Bücher aus den letzten 3 Jahren gelesen
  • noch mehr Bücher aus anderen Ländern als den USA, UK und Deutschland und Übersetzungen (nicht aus dem Englischen) gelesen
  • jobbedingt wieder angefangen, eBooks zu lesen
  • zum dritten Mal in Folge Robin Hobb als meist gelesene Autorin gekürt, aber auch meine Édouard-Louis-Phase im Sommer hat sich bemerkbar gemacht
  • dieselben Genres in ähnlichen Anteilen gelesen, aber ganze 10% weniger Fantasy als 2022 (hat sich nicht so angefühlt)
  • mehr Bücher angehäuft, von denen ich noch nicht mal die Hälfte gelesen habe (zu meiner Verteidigung: Geburtstag im November, Weihnachten im Dezember und pünktlich zum Jahresende auch noch aussortierte Gaben von einer Freundin)

Am interessanten ist für mich die Erkenntnis, dass nur 36% meiner gelesenen Bücher von meinem TBR stammen. Ich hätte gedacht und wünschte nun diese Zahl wäre höher! Da werde ich 2024 mal ein Auge drauf behalten. Ich habe mir auch vorgenommen, endlich gezielt die ältesten Bücher auf meinem TBR zu lesen (und natürlich auch gern rigoros abzubrechen). Hoffentlich klappt es dieses Jahr, eventuell hatte ich mir das 2023 schon vorgenommen…

Letztes Jahr konnte ich außerdem gut beobachten, wie viel schöner ich es finde, bewusst ein einziges Buch zu kaufen, mich darauf zu freuen und es dann zu lesen. Größere Bestellungen oder Käufe sind mir eigentlich zu viel (aber beherrschen/entscheiden kann ich mich trotzdem nicht immer), 1–2 der Bücher lese ich dann relativ flott, aber der Rest geht unter und bleibt länger auf dem TBR. Manchmal ist das ok, manchmal aber auch schade, weil ich das Buch auch später noch hätte kaufen können; ich lebe ja schließlich in einer Großstadt. Ich mag es inzwischen auch lieber, die Bücher im Laden mitzunehmen (oder vorher dorthin zu bestellen) als sie unromantisch aus einer lieblosen Pappe aus dem Briefkasten zu fischen.

Was das Gelesene angeht, will ich mir 2024 gern regelmäßig Zeit nehmen, um öfter und genauer zu reflektieren, ob mir das, was ich gerade lese/höre eigentlich gut genug gefällt, um es zu beenden, ob es mir etwas mitgibt oder Freude bereitet. Ich will herausfinden, ob sich ein Buch für mich auch gelesen anfühlen kann (und darf?), wenn ich große Teile überfliege oder -springe, und ob ich das überhaupt muss, um ein Gefühl der Abgeschlossenheit zu empfinden.

Erzählt mir gern, zu was für Grübeleien euch eure Jahresrückblicke angeregt haben.

Avatar
Avatar

Magische Geschichten für düstere Novembertage

Nettle & Bone von T. Kingfisher, 2022, Titan Books (dt. Wie man einen Prinzen tötet, Eichborn) A Far Wilder Magic von Allison Saft, 2022, Orion Books

Während die rot und gelb verfärbte Blätterpracht meiner Umgebung sich schon langsam wieder verabschiedet, sehne ich mich nach (spät)herbstlichen Büchern, die gleichzeitig gemütlich und schaurig anmuten, in denen die Atmosphäre der Novemberstimmung und den verkürzten Tagen ähnelt und die sich am besten bei Kerzen- und Lichterkettenschein, einem warmen Tee und dem ersten (oder dritten) Spekulatius oder Lebkuchen genießen lassen. Sie dürfen nicht durchweg düster sein, sondern müssen eben auch diese kleinen goldgefärbten Lichtinseln von Hoffnung und einem guten Ende mit sich bringen. Dieses Jahr habe ich gleich zwei Titel neu entdeckt, die diese Bedürfnisse aufs Höchste befriedigt haben und die ich euch deshalb ans Lebkuchenherz legen möchte.

Kandidatin Nummer 1: Ein Märchen aus Randfiguren

In T. Kingfishers Nettle and Bone setzt Protagonistin Marra alles daran, um ihre Schwester vor deren Gemahl, einem brutalen Prinzen, zu retten. Um dies zu bewerkstelligen, stellt sie sich drei unlösbaren Aufgaben. Zur Seite stehen ihr dabei eine Friedhofshexe mit ihrem Dämonenhuhn, ein zurückhaltende gute Fee und einen Ex-Ritter. What could go wrong?

Anhand dieser Zusammenfassung lässt sich zum einen der märchenhafte Charakter der Geschichte erahnen, zum anderen aber auch, wie eben diese altbekannten Märchen-Konventionen hinterfragt werden: Der Prinz ist nicht der Retter, sondern die Bedrohung; es geht nicht um die große Liebe, sondern um das Band zwischen zwei Schwestern (die sich interessanterweise nicht mal besonders gut verstehen); zwei Mitglieder der Gefährt*innen und damit relevanter Teil der Handlung sind alte Frauen, die in Märchen normalerweise nur für einen guten Rat oder einen bösen Fluch herhalten dürfen. 

Ebenfalls entgegen Fantasytraditionen richtet sich Marras Figurengestaltun: Sie ist unscheinbar und ohne besondere Talente. Es ist ausgerechnet das Sticken, was sie wirklich gut beherrscht. Auf diesem Weg zeigt Nettle and Bone, dass alle über sich hinauswachsen und ihren Liebsten zur Seite stehen können. Außerdem wird immer wieder deutlich, welche Macht in der Unscheinbarkeit liegt, z. B. wenn Frauen aufgrund ihres höheren Alters oder ihrer religiösen Gesinnung plötzlich sicherer vor se.xuellen Übergriffen sind.

So ernst das alles klingt und im Roman auch so behandelt wird, gibt es trotzdem viele lustige und romantische Momente. Für Marra bahnt sich ganz am Rande eine zarte Liebesgeschichte an und die schlagfertigen Formulierungen haben mich regelmäßig zum Schmunzeln gebracht. Generell kann ich T. Kingfishers Schreibkünste nur in den Himmel loben: vom Stil übers Tempo bis zur Struktur (es beginnt z. B. damit, dass Marra gerade die zweite unlösbare Aufgabe zu erfüllen versucht und wirft dann immer wieder Blicke zurück, um zu erklären, wie es dazu kam) haben wir es hier mit einer erfahrenen Geschichtenerzählerin zu tun, deren gesamte Backlist ich inzwischen lesen möchte.

Image

Kandidatin Nummer 2: Eine Liebesgeschichte zwischen Alchemie und Diskriminierung

Weniger märchenhaft geht es in Allison Safts A Far Wilder Magic zu. Im Fokus stehen Margaret und Wes. Margaret wohnt in einem großen Haus in einem kleinen Dorf und wartet dort auf die Rückkehr ihrer Mutter, eine berühmte Alchemistin. Eines Tages taucht Wes unvermittelt vor Margarets Haustür auf, um bei deren Mutter in die Lehre zu gehen und lässt sich nicht vertreiben. Währenddessen bereitet die Dorfgemeinschaft sich auf die große Halbmondjagd vor, bei der eine legendäre, göttliche Fuchskreatur erlegt werden soll. Aus unterschiedlichen Beweggründen gehen Margaret und Wes eine Zweckgemeinschaft ein, um an der Jagd teilnehmen zu können und merken, dass sie mehr aneinander finden als ursprünglich gedacht.

Ihr ahnt vielleicht schon, dass hier die Romanze im Vordergrund steht. Es ist wunderbar mitanzusehen, wie Margaret und Wes sich kennenlernen, miteinander zanken und die verletztlichsten Seiten aneinander aufdecken, wie sie sich langsam ihre Gefühle füreinander eingestehen und doch immer wieder unsicher zurücktaumeln. Slow Burn vom Feinsten! Obwohl die Liebesgeschichte den Kern des Romans bildet, geht es noch um so viel mehr, z. B.um familiäre Beziehungen. Bei Wes sind die sehr liebevoll, denn er kommt aus einem Haushalt mit vier Schwestern, die er genauso sehr liebt, wie sie ihm auf den Geist gehen. Im Kontrast dazu ist Margaret nur ihre Mutter geblieben und die glänzt, selbst wenn sie da ist, mit (emotionaler) Abwesenheit. Margarets Erkennen dieser toxischen Beziehung ist ein wesentlicher Bestandteil des Romans, schwierig und schmerzhaft, aber mit viel Empathie und Geduld erzählt.

Genau wie T. Kingfisher besitzt Allison Saft ein geschliffenes Talent für Sprache. Ihre Metaphern und Vergleiche sind originell und fügen sich gleichzeitig geschmeidig ins Setting der Geschichte ein. Da finden sich Sätze wie „The next two days pass like honey drizzled from the tip of a spoon“ (S. 250) und „The full moon is nestled in the clouds like a pearl in the mouth of a clam“ (S. 358). Das Buch ist voll davon, ohne dass es sich überladen anfühlt.

Was am Anfang ein wenig überfordern könnte, ist die Informationsflut über die verschiedenen Kulturen und Religionen, gepaart mit den alchemistischen Grundlagen und -begriffen. Es sind kreative, lebendige Ideen, die Informationen hätten aber mehr durch den Text verteilt und öfter wiederholt werden können. Gerade die Mythologie und Alchemie bleiben im Endeffekt ein wenig auf der Strecke. Selbst die große Jagd, die ja der Aufhänger der Handlung ist, nimmt am Ende überraschend wenig Kapitel ein. In diesem Zusammenhang hätte ich mir auch eine tiefergreifende Auseinandersetzung mit der geplanten Tötung der, von vielen heilig geglaubten, Fuchskreatur gewünscht.

Die größere Auseinandersetzung findet mit den verschiedenen Kulturen, denen Margaret, Wes und die Dorfbewohner*innen angehören, statt. Die Anleihen an unsere Realität sind überdeutlich, v. a. in Bezug auf Anfeindungen und Ausgrenzung. Es ist manchmal schwer zu ertragen, was für vorurteilesbehafteter Hass und welche Wut Margaret und Wes entgegenschlagen, weil ihre Familien und sie anderen Kulturen angehören, aber es tut immer wieder gut, diese Abbilder auch in Fantasywelten wiederzusehen und mit ihnen die Menschen, die sich gegen Diskriminierung positionieren und für eine wohlwollendere Zukunft für alle einsetzen.

Image

Würdet ihr euch die Novemberabende von diesen Romanen vergolden lassen? Oder greift ihr lieber zu ganz anderer Lektüre? Lasst es mich gern wissen.

Avatar

Erdsee-Lesekompass

Für viele ist die Herbstzeit wie gemacht für Fantasyliteratur. Warum mit diesen Gelüsten nicht mal einen Blick in die Vergangenheit werfen und eine Reihe namens Earthsea, zu Deutsch Erdsee, entdecken, deren letzter Band bereits vor 22 Jahren erschien? Findet ihr es nicht auch spannend, zu lesen, wie Fantasy damals war und zu erkennen, was sich seitdem verändert hat? Ursula K. Le Guin ist eine fabelhafte Autorin, um genau dieser Forschung nachzugehen.

Wer ist Ursula K. Le Guin?

Ursula K. Le Guin war eine amerikanische Science-Fiction- und Fantasyautorin, die von 1929 bis 2018 lebte. Vor allem in den Sechziger Jahren war sie eine der wenigen Frauen, die in diesen Genres erfolgreich Romane veröffentlichte. So war sie z. B. die erste Frau, die den Hugo und auch den Nebula Award gewann. Le Guins Romane hoben sich oft durch feministische Kritik, durch das Hinterfragen von gewalttätigen Herangehensweisen wie Krieg, durch Kriegsalternativen, die auf friedliches Zusammenleben im Einklang mit der Umgebung abzielten, und ein anthropologisches Interesse von der breiten Masse an Genre-Veröffentlichungen ab. Spannend, wegweisend und empfehlenswert ist dazu ihr kurzer Essay The Carrier Bag of Fiction aus dem Jahr 1986, den ihr kostenlos online lesen könnt und in dem sie erklärt, warum sie die Nase voll hat von “Männergeschichten”, in denen es immer nur ums Jagen, Töten und Kämpfen geht.

Was ist Earthsea?

Earthsea ist Le Guins Fantasy-Opus-magnum, eine sechsteilige Reihe, die in einer fantastischen Inselwelt mit demselben Namen spielt und unter anderem die Geschichte vom Zauberer Ged, der Priesterin Tenar und dem Mädchen Tehanu erzählt. Inzwischen wird Earthsea bereits öfter in einem Atemzug mit Tolkiens Middle-earth und C. S. Lewis’ Narnia genannt. Das Interessante an der Earthsea-Reihe ist, dass sie sich in zwei Zyklen aufteilen lässt, die erste und die zweite Trilogie. Während die erste in den 1960er und 1970er Jahren entstand und von Le Guin eigentlich als abgeschlossen erklärt wurde, hat sie 18 Jahre später ihre Meinung geändert und eine zweite Trilogie hinzugefügt. Da diese Entstehungsgeschichte ein bisschen verwirrend sein kann, habe ich das Ganze oben grafisch aufbereitet. Die Lesereihenfolge kann übrigens ganz simpel chronologisch vorgenommen werden (wobei sich darüber streiten lässt, ob die Kurzgeschichten, also Band 5, nicht auch einfach übersprungen werden könnten). Wer die Grafik aufmerksam studiert, wird feststellen, dass auch zwischen Band 4, Tehanu, und den letzten beiden Bänden eine elfjährige Lücke klafft. Die Autorin erklärt das auf ihrer Website wie folgt: 

“When Tehanu was published I put a subtitle on it — ‘The Last Book of Earthsea.’ I was wrong! I was wrong! I really thought the story was done; Tenar had finally got her second inning, and Ged and Tenar were [Spoiler entfernt], and if I didn't know exactly who or what Tehanu was, it didn't bother me. But then it began to bother me. And a lot of things about Earthsea were bothering me, like do wizards really have to be celibate, if witches don’t? and how come no women at Roke? and who are the dragons? and where do Kargish people go when they die? I found the answers to a lot of those questions in the stories that make the Tales from Earthsea. So then I was able to find out who Tehanu is — and who the dragons are — in The Other Wind.”

Einerseits erklärt das, warum es Earthsea in so unterschiedlichen Konstellationen zu kaufen gibt (Band 1-3 und 4-6 gesammelt, Band 1-4 gesammelt, einzeln) und andererseits illustriert es wunderbar, was Le Guin zu so einer genialen Autorin gemacht hat: Für sie war nichts in Stein gemeißelt. Sie hat sich mit ihren Lebensjahren verändert, ihre Meinungen revidiert und damit manchmal auch den Blick auf ihr eigenes Werk.

Was macht Earthsea so besonders?

Für eine Reihe, die in den Sechzigern entstand und aus der Feder einer weißen Frau stammt, ist es beachtlich, dass die meisten Figuren in Earthsea People of Color sind (was sich zu Le Guins Unmut nicht immer in der Covergestaltung niedergeschlagen hat). Für Le Guin war das eine bewusste Entscheidung, da die Fantasywerke, die sie um sich herum wahrnahm, keinerlei Vielfalt boten (aufgeschlüsselt in diesem Tor-Artikel). Ob sie sich diese Perspektive überhaupt aneignen darf, hat sie dabei ebenfalls beschäftigt und sie sagt 2004 im Slate Magazine Folgendes dazu: 

“So far no reader of color has told me I ought to butt out, or that I got the ethnicity wrong. When they do, I’ll listen. As an anthropologist’s daughter, I am intensely conscious of the risk of cultural or ethnic imperialism—a white writer speaking for nonwhite people, co-opting their voice, an act of extreme arrogance. In a totally invented fantasy world, or in a far-future science fiction setting, in the rainbow world we can imagine, this risk is mitigated. That’s the beauty of science fiction and fantasy—freedom of invention.”

Diese Aneignung mit Genre-Distanz abzutun, finde ich persönlich etwas fragwürdig und würde heute so vielleicht auch nicht mehr akzeptiert werden, aber gleichzeitig ist es eben nicht zu unterschätzen, was für einen Unterschied diese Art der Repräsentation von PoC in Fantasywelten damals gemacht haben dürfte.

In Sachen Gender und Feminismus kann Le Guin allerdings aus persönlicher Erfahrung schöpfen und tut dies am auffälligsten in Tehanu. Zur Erinnerung: Es sind fast 20 Jahre vergangen, seit die erste Earthsea-Trilogie veröffentlicht wurde und wir befinden uns nun in den Neunzigern. Die dritte Welle des Feminismus bricht los und Le Guin treiben eine Menge Fragen um: Warum stehen in den meisten Fantasyromanen Männer im Fokus? Wieso sind ältere Frauen, solche mit erwachsenen Kindern, so unsichtbar? Wieso gibt es selbst in Earthsea nur Zauberer und eine Schule nur für sie? Was ist das für eine Welt, in der Mädchen und Frauen von Männern vergewaltigt werden und in Angst vor diesen leben? In Tehanu geht Le Guin all diesen Fragen nach, hinterfragt und kritisiert die Fantasy-Stereotype ihrer selbst geschaffenen Welt und verhandelt Misogynie und Rape Culture der Realität. Dazu schreibt sie treffend im Locus Magazine:

“I'm only sorry it took me to Book Four of Earthsea to be able to refuse the prejudice that sees male as the norm.”

Weitere Themen, die euch in Earthsea begegnen, sind der Tod und seine Grenzen, der Umgang mit und das Gleichgewicht zwischen Menschen und ihrer Umwelt, die Frage nach Macht und die Macht der Worte. Ihr merkt vielleicht schon, dass Earthsea mit all diesen Themen wohl keine besonders actiongeladene Handlung zu bieten hat. Es gibt natürlich Reisen und Quests, aber eben auch viele Gespräche und philosophische Überlegungen. Außerdem sind die Bücher für heutige Verhältnisse oft ungewohnt gerafft erzählt, aber wenn ihr nicht nur gute Fantasybücher lesen wollt, sondern euch auch für ihren Entstehungs- und Entwicklungskontext interessiert, seid ihr hier genau richtig. Wobei ich gestehen muss, dass Earthsea auch losgelöst von seiner geschichtlichen Einordnung eine urige, gemütliche Atmosphäre versprüht und interessante Geschichten erzählt.

Welches Medium passt zu mir?

Da Earthsea sich seit Jahrzehnten so großer Beliebtheit erfreut, gibt es inzwischen eine ganze Handvoll Wege, die Geschichten kennenzulernen. Ganz klassisch gibt es da natürlich die Bücher in Originalsprache oder auch in der neuen deutschen Übersetzung von Karen Nölle, Hans-Ulrich Möhring und Sara Riffel (im Deutschen momentan als gigantische, illustrierte Gesamtausgabe oder in 2 Sammelbänden mit je der ersten und zweiten Trilogie erhältlich). In beiden Sprachen sind Hörbücher verfügbar und es gibt sogar ein Hörspiel. Ursprünglich stammt dieses von der BBC, aber inzwischen hat der WDR auch eine deutsche Version produziert, die ihr kostenlos als Hörspiel-Podcast anhören könnt. Staffel 1 umfasst die erste Trilogie und Staffel 2 Buch 4 und 6. Der Inhalt ist hier natürlich stark runtergebrochen, aber als Einstieg oder Auffrischung ist diese erstklassige Produktion absolut empfehlenswert. Der Vollständigkeit halber will ich auch die Verfilmung von 2004 erwähnen, die allein schon wegen des white-washings der Charaktere von der Autorin abgelehnt wurde (wie im Slate Magazine kommentiert) und deren Trailer alles andere als ansprechend aussieht. Interessant, aber ebenfalls weit weg von den Büchern ist die Studio-Ghibli-Umsetzung namens Tales from Earthsea, die sich größtenteils auf Band 3 bezieht.

Und jetzt erzählt mir mal, wie vertraut ihr bereits mit Le Guin und Earthsea wart oder ob ich euch neugierig machen konnte und mit welchem Medium ihr gern nach Earthsea reisen würdet.

Avatar

Mit dem Small-Spaces-Quartett durch die Jahreszeiten gruseln

Small Spaces | Dead Voices | Dark Waters | Empty Smiles von Katherine Arden, 2018–2022, Putnam

Katherine Arden kennen sicher viele von ihrer Winternight-Trilogie, in der sie für ein jugendliches Publikum russische Folklore neu erzählt. Die Autorin hat aber auch ein herrliches Middle-Grade-Quartett geschrieben, das schaurige Abenteuer für jede Jahreszeit bietet.

Worum geht es?

Seit die elfjährige Ollie ihre Mutter verloren hat, fällt es ihr schwer, sich aus ihrer Trauer und Einsamkeit zu befreien. Als sie eines Tages ein mysteriöses Buch findet, wird sie neugierig, denn darin ist die Rede von einem lächelnden Mann, der Herzenswünsche erfüllen kann – natürlich nicht ohne Gegenleistung. Beim Schulausflug zu einer Farm findet Ollie Hinweise darauf, dass es sich bei dem Buch um einen Tatsachenbericht handelt und schöpft Hoffnung auf ein Wiedersehen mit ihrer Mutter. Doch als der Schulbus auf dem Rückweg liegen bleibt, geschehen plötzlich seltsame Dinge und Ollie findet sich in einer bedrohlichen Welt voll wandelnder Vogelscheuchen und unmöglich zu gewinnender Spiele wieder. Zusammen mit ihren Mitschüler*innen Coco und Brian versucht sie nun vier Bücher lang dem lächelnden Mann und seinem Spuk zu entkommen.

Grusel und Freundschaft

Obwohl die Romane in erster Linie für ein jüngeres Publikum gedacht sind, halten sie sich mit den Horrorelementen nicht zurück. Geschickt bedient Katherine Arden sich gängiger Gruselstereotypen wie Vogelscheuchen, Clowns, Geistern und Meeresungeheuern und schafft es damit immer wieder mir als Erwachsener einen Schauer über den Rücken zu jagen.

Zum Glück bleibt Ollie nicht lange auf sich allein gestellt, sondern knüpft Freundschaft mit Coco und Brian, die ihr fortan zur Seite stehen und je nach Roman mehr in den Fokus rücken. Das Trio durchlebt die traumatischen Erlebnisse gemeinsam, teilt Geheimnisse und Bedenken, streitet aber auch mal bzw. sagen sie einander, wenn ihnen etwas nicht passt. Auch die Eltern der Drei leiden nicht am, in Kinder- und Jugendliteratur weit verbreiteten, Abwesenheitssyndrom, sondern sorgen sich durchaus um ihren Nachwuchs und bieten sich immer wieder als Vertrauenspersonen an.

Saisonale Stimmungsmacher

Die Romane bieten aber nicht nur Grusel und den Kampf gegen das Düstere, sie sind, vielleicht überraschenderweise, auch verdammt gemütlich. Das liegt daran, dass die Ereignisse sich über ein Jahr ziehen und so jedes der vier Bücher zu einer anderen Jahreszeit spielt. Die Besonderheiten dieses Quartals finden sich in Stimmung, Setting und, ganz wichtig, im Essen wieder. Small Spaces beginnt im Herbst, natürlich zur Halloweenzeit, so dass es überall Kürbisse, Vogelscheuchen, frisches Brot und knackige Äpfel gibt. In der Fortsetzung, Dead Voices, wird es winterlich mit heißen Getränken und gemütlichem Kaminfeuer in einem verschneiten Hotel. In Dark Waters wabert der Nebel über den See und es gibt einen Bootsausflug, während im Finale, Empty Smiles, die Hitze brütet und auf dem Rummel Limonade getrunken und das Spiegelkabinett besucht wird.

Meist ist es Ollies Vater, der für die saisonalen Leckereien sorgt, denn er kocht für sein Leben gern (mit Genderstereotypen wird sehr bewusst umgegangen) und bereitet stets die besten Sandwichkreationen, Milkshakes und andere gebackene Leckereien zu. Das schmackhafte Essen ist ein wunderbarer Ausgleich zu den gruseligen Erlebnissen und macht definitiv Hunger – am besten haltet ihr die passenden Snacks zum Lesen schon bereit.

Image

Wie gesagt, Small Spaces beginnt im Herbst und eignet sich perfekt als Halloween-Lektüre, also worauf wartet ihr? Schnappt euch einen Pumpkin-Spice-Whatever und stürzt euch mit Ollie und Co ins Abenteuer.

Avatar

Da ich mit den Vorfreude-Posts dieses Jahr immer hinterhergehinkt bin, habe ich mich dazu entschieden, es mal mit einer Quartals-Lösung zu versuchen. Hier also die Titel, die im Oktober, November und Dezember erscheinen und meine Neugier wecken konnten.

The Mystery Guest Cozy Mystery | Ganz unerwartet bekommt The Maid eine Fortsetzung, in der das quirlige Zimmermädchen Molly diesmal den Mord an Mystery-Autor J. D. Grimthorpe aufklären muss. Ich hoffe sehr auf eine erneute Hörbuchumsetzung mit Katharina Thalbach im Deutschen.

The Dragons of Deepwood Fen Fantasy | Inquisitorin Lorelei kommt einer Verschwörung zwischen Kirche und Red Knives auf die Spur, die das ganze Reich bedroht. Sie sieht sich gezwungen, den geahndeten Drachensänger Rylan zu befreien und mit ihm auf dem Rücken eines Drachen zu fliehen.

The Vulnerables Contemporary | Die Protagonistin kümmert sich in New York um die Wohnung einer Freundin und trifft dort auf einen Gen-Z-Teenager und einen temperamentvollen Papageien. Vermutlich wieder voll kluger Beobachtungen über das Leben, die Zeit, uns Menschen und das Schreiben, wie schon The Friend.

The Future Speculative | Sieben Jahre nach The Power folgt ein weiterer Roman von Naomi Alderman. In der hier beschriebenen Zukunft führen eine Handvoll Milliardäre die Welt ins Verderben, während sie es in ihren Luxusbunkern bequem haben. Eine Freundesgruppe, bestehend aus der Tochter eines Kultführers, einem*er nicht-binären Hacker*in, einem verstoßenen Silicon-Valley-Visionär, der Frau eines gefährlichen CEOs und einer bekannten Überlebenskünstlerin, will das nicht länger akzeptieren und heckt gemeinsam einen spektakulären Coup aus, der allerdings auch das Ende der Zivilisation bedeuten könnte.

The List Contemporary | Die feministische Journalistin Ola steht kurz davor ihren Traummann Michael zu heiraten, als online “Die Liste” auftaucht. Auf ihr sind Namen diverser Männer und Anschuldigen gegen diese zu finden, darunter auch Michaels Name.

Last to Leave the Room Science Fiction | Ihr letztes Buch, The Death of Jane Lawrence, fand ich so gut, dass ich mich riesig über etwas Neues von Caitlin Starling freue. Die Wissenschaftlerin Tamsin Rivers findet in ihrem Keller eine Kopie von sich selbst. Die andere Tamsin wirkt durch und durch menschlich, ist allerdings lieb und fügsam, wo Tamsin berechnend und grausam ist. Je länger ihre Doppelgängerin existiert, desto mehr Teile ihres Lebens vergisst Tamsin und so drängt die Zeit herauszufinden, was es mit ihrem Double auf sich hat.

Lilith Neuerzählung | Ein hebräischer Mythos erzählt die Geschichte von Lilith, der ersten Frau Adams, die aufgrund ihres Ungehorsams aus dem Paradies verstoßen wurde – eine Geschichte, die gern genutzt wird, um die Unterwerfung der Frau durch den Mann zu rechtfertigen. Nikki Marmery hinterfragt diese Grundlage in ihrer Neuerzählung des Mythos und lässt Lilith selbst zu Wort kommen. Wir erfahren, wie sie sich gegen Adam aufbäumt und zusehen muss, wie sie mit Eva ersetzt wird. Doch Lilith gibt nicht klein bei und fasst den Plan nicht nur sich selbst, sondern auch Eva vor der männlichen Tyrannei zu retten.

The Kingdom of Sweets YA Neuerzählung | Nach der großartigen Queen-of-the-Tearling-Reihe folgt endlich ein neues Buch der Autorin. Es handelt sich um eine Neuerzählung des Nussknackers, in der die liebliche Clara eine Schwester namens Natasha hat, die stets in ihrem Schatten steht. Als die beiden durch ihren Patenonkel Drosselmeyer Zutritt zum Reich der Süßigkeiten erhalten, gerät Natasha in Versuchung einen Handel mit der Zuckerfee abzuschließen, der ihr endlich Rache ermöglichen würde.

Avatar

Sun of Blood & Ruin In einem magischen Mexiko der Vergangenheit ist die elegante Hofdame Leonora dem spanischen Thronerben versprochen. Niemand weiß, dass Leonora sich des Nachts in die selbst ernannte Rächerin des Volkes, Pantera, verwandelt. Doch eine alte Prophezeiung fordert sie auf, sich zwischen ihrem Leben und ihrer Maske zu entscheiden. Magie, Mexiko und eine weibliche Zorro reizen mich sehr, aber die ersten Reviews sind leider durchwachsen.

Never Whistle at Night Eine Sammlung düsterer Geschichten von indigenen Autor*innen wie Cherie Dimaline, Darcie Little Badger, Tommy Orange und Rebecca Roanhorse. Thematisch geht es um Geister, Flüche, Spuk, monströse Kreaturen, verzweifelte Taten, schockierende Racheakte und Familienhinterlassenschaften.

In these Hallowed Halls Diese Sammlung vereint Geschichten zur Trendästhetik Dark Academia, also macht euch gefasst auf vermisste Professor*innen, Séancen, Rache, Obsession, Affären, Geheimnisse, verschrobene Akademiker*innen und mörderische Aufgaben für Neuankömmlinge. Geschrieben u. a. von Olivie Blake und M. L. Rio.

The Land of Lost Things 17 Jahre nach The Book of Lost Things, einem meiner Lieblingsbücher, erscheint nun völlig unerwartet eine Fortsetzung über Connollys düstere Märchenwelt. Der Inhaltsangabe nach lässt sich spekulieren, dass die Protagonistin Ceres die Tochter des damals jugendlichen Helden aus Buch 1 ist. Ceres ist selbst Mutter und um ihre im Koma liegende Tochter zu wecken, betritt sie das Märchenland, das sie aus den Erzählungen ihres Vaters kennt. Ich bin so so aufgeregt!

Ebenfalls vielversprechend

A Study in Drowning: YA Dark Academia Fantasy, in dem die Protagonistin, Architekturstudentin, das Haus ihres Lieblingsautors neu designen soll

You are using an unsupported browser and things might not work as intended. Please make sure you're using the latest version of Chrome, Firefox, Safari, or Edge.