Niederdeutsche Grammatik: [2] Deklination der Substantive und Artikel
"Nord/Süd Unterschied"
Zu Anfang ist zu sagen, dass es hier besonders einen Unterschied im System zwischen Nordniedersächisch / Ostniederdeutsch / Ostfriesisch und (Ost)westfälisch gibt. Wie evtl. bereits bekannt, sind die westfälischen Dialekte konservativer in der Grammatik.
So ist das Kasussystem im Norden fast zusammengebrochen, häufig wird von einem Objektiv gesprochen, der Dativ und Akkusativ in sich vereint. (Mit ein paar Ausnahmen)
Im Westfälischen dagegen ist häufig der Akkusativ mit dem Nominativ zusammengefallen und der Dativ ist noch vollständig existent. (In manchen Dialekten hat sich der Unterschied zwischen Dativ und Akkusativ auch noch in den Pronomen erhalten) Generell lässt sich nur sagen, dass sowohl im Norden als auch in den südlicheren Regionen des Sprachgebiets der Genitiv beinah völlig ausgestorben ist. Er wird häufig nur noch in bestimmten Konstruktionen und Redewendungen verwendet.
Geschlechter (Genera) und Artikel (kurze Demonstrativpronomen)
Singular
Im Niederdeutschen gibt es drei Genera, die sich auch in allen Dialekten gehalten haben. Im Nominativ (1. Fall in dem das Subjekt steht) ist in nahe zu allen Dialekten kein Unterschied mehr zwischen dem Maskulinum und dem Femininum zu erkennen, hier sind diese identisch und lauten meist "de". Der Artikel für das Neutrum lautet "dat".
In den nördlicheren Dialekten bekommt das maskuline Substantiv im Objektivfall (Dativ oder Akkusativ) den Artikel "den" (mit einem <e> wie in denn). Mehr Unterscheidung gibt es hier nicht, für Feminina und Neutra bleibt der Artikel gleich. Als Besonderheit ist zu erwähnen, dass häufig im Dativ der Artikel für das Neutrum zu 'n verkürzt wird.
In den anderen Gebieten wird häufig diese Regel nur für den Akkusativ angewandt. Im Dativ sind andere Artikel zu benutzen. D.h. im Akkusativ unterscheidet sich nur der maskuline Artikel, im Dativ ist er dagegen bei allen Geschlechtern Unterschliedlich. (m.: den, f.: der/da, n. den)
Plural
Wie auch im Hochdeutschen wurde im Niederdeutschen der Unterschied zwischen den Geschlechtern im Plural, zu Gunsten eines Einheitspluralgeschlechts bei den Artikeln, aufgegeben.
In den meisten Dialekten (außer z.B. dem Westfälischen) wird zu dem nicht zwischen den Fällen (Kasus) unterschieden bei den Artikeln / kurzen Demonstrativpronomina. Im Westfälischen wird im Dativ "den" für alle Geschlechter genutzt, ansonsten heißt er "de".
(Zu den zusammengesetzten Demonstrativpronomina gibt es einen eigene Lektion)
Adjektive
Siehe hier Lektion 1 (Adjektive)
Substantive
Wie auch bei den Artikeln ist der nördlichere Sprachbereich nicht sehr reich an Formen. Schwache Maskulina bekommen in einigen Dialekten noch ein -en angehängt im Objektiv (z.B. de Oss, den Ossen - der Ochse, den/dem Ochsen). Einige Sprecher unterlassen die Auslautverhärtung (d.h. dass das <d> am Wortende wird nicht zu <t>, <b> nicht zu <p>, ...), wenn es sich um den Dativ handelt.
Anders hier wieder im Süden. Zwar sind der Nominativ und Akkusativ hier zusammengefallen, doch der Dativ ist noch voll erhalten.
Starke Maskulina und Neutra: Hier gibt es die Möglichkeit, dass Nom./Akk. und Dat. identisch sind, wie bei Vuegel (Vogel). Dies trifft häufig bei Substantiven auf, die mehrsilbig sind und auf l oder er(/a) enden. Sowie bei solchen die im Plural auf -s enden. (All diejenigen die sonst im Singular und Plural nicht unterschiedbar wären)
Alle anderen haben im Dativ die Endung -e (sofern sie nicht eh schon auf -e enden). z.B. dat Holt, den Holte, de Hölter - das Holz, dem Holz(e), die Hölzer.
Starke Feminina: Hier ist der Dativ nicht im Singular zu erkennen, sondern im Plural. Die Mehrzahl endet hier mit -e im Nominativ und Akkusativ, doch im Dativ auf -en. Im Plural kommt es zur Plural: de Nott, der Nott, de Nött, den Nötten - die Nuss, der Nuss, die Nüsse, den Nüssen.
Schwache Maskulina und Neutra: Hier wird ein -en an das Substantiv im Dativ und Akkusativ gehängt. Der Plural wird häufig um ein -s am (eigentlichen) -en ergänzt. z.B. de Osse, den Ossen, de Ossens - der Ochse, den/dem Ochsen, die Ochsen
Schwache Feminina: Einige wenige Wörter führen hier das ursprüngliche -e, im Dativ und Akkusativ dagegen enden alle auf -(e)n. Das Anhängen eines -s an das Plural -en ist dagegen selten.
Gemischte Deklination: Einige wenige Substantive verhalten sich im Singular stark und im Plural schwach. Wie z.B. de Ule (f., Eule) - de Ulen, de Farwe (f., Farbe) - de Farben (gesprochen Faabm), dat Fenster (n., das Fenster) - de Fenstern, dat Bede (n., das Bett) - de Bedens, dat Auge (n., das Auge) - de Augens.
Sonderfall: Genitiv
In Komposita (zusammen gesetzten Wörtern wie Dagestied) ist der Genitiv in allen Dialekten noch erhalten, auch in feststehenden Begriffen findet man ihn noch. Auch in adverbialen Ausdrücken wie wat Neges und (Tages)zeitangaben wie enes Dages wird er noch benutzt. Manchmal findet man ihn auch im partitiven Gebrauch (een Pund Appels).